Montag, 11. Mai 2020

Rezension zu "Die Schule am Meer" von Sandra Lüpkes





Inhalt

Juist, 1925: Tatkräftig und voller Ideale gründet eine Gruppe von Lehrern am äußersten Rand der Weimarer Republik ein ganz besonderes Internat. Mit eigenen Gärten, Seewasseraquarien und Theaterhalle. Es ist eine eingeschworene Gemeinschaft: die jüdische Lehrerin Anni Reiner, der Musikpädagoge Eduard Zuckmayer, der zehnjährige Maximilian, der sich mit dem Gruppenzwang manchmal schwer tut, sowie die resolute Insulanerin Kea, die in der Küche das Sagen hat. Doch das Klima an der Küste ist hart in jeder Hinsicht, und schon bald nehmen die Spannungen zu zwischen den Lehrkräften und mit den Insulanern, bei denen die Schule als Hort für Juden und Kommunisten verschrien ist. Im katastrophalen Eiswinter von 1929 ist die Insel wochenlang von der Außenwelt abgeschlossen. Man rückt ein wenig näher zusammen. Aber kann es Hoffnung geben, wenn der Rest der Welt auf den Abgrund zusteuert?


Autorin

Sandra Lüpkes ist Autorin zahlreicher Romane, Sachbücher, Drehbücher und Erzählungen. Mit "Die Schule am Meer" hat sie einen groß angelegten Gesellschaftsroman geschrieben über ein reformpädagogisches Internat auf Juist. Die ausgiebigen Recherchen zu den historischen Begebenheiten und realen Personen im Umfeld der Schule führten sie ins Tessin, nach Berlin und natürlich auch nach Juist, wo sie aufgewachsen ist und wo sie lange Jahre gelebt hat.
  
Gebundene Ausgabe: 576 Seiten 
Verlag: Kindler Verlag; Auflage: 1. (10. März 2020) 
Sprache: Deutsch 
ISBN-10: 3463407221 
ISBN-13: 978-3463407227

Meine Einschätzung 

Da ich selber Lehrerin bin, hat mich das Buch sehr interessiert und ich liebe historische Romane, die besonders gut das Leben in der vergangenen Zeit widerspiegeln. In der Geschichte geht es um eine Schule auf Juist, die dort wirklich in der Weimarer Republik 1925 von begeisterten Pädagogen eingerichtet wurde. Die Kinder und Jugendlichen waren dort für Jahre, bis zum Abitur, in einem Internat untergebracht und schnell wurden sie familiär und bestanden viele Proben und Probleme, die der Alltag mit sich brachte. Wir begleiten ihr Leben bis zum Jahre 1934...
Unter den Pädagogen, die den größten Anteil an der Planung und Gestaltung der Schule hatten, waren Paul mit seiner jüdischen Frau Anni und Martin Luserke. Paul und Martin waren die ersten Pädagogen auf der Insel und bereiteten alles vor für den Empfang der Schüler, die aus allen Teilen Deutschlands kamen und aus unterschiedlichen Familien. Der Musiklehrer Eduard Zuckmayer vervollständigt erstmal das Lehrerkollegium. Auch er fühlt sich gleich wie in einer Familie geborgen, obwohl die Bedingungen auf der Insel sehr spartanisch sind.
Der Dorfbevölkerung ist die Schule ein Dorn im Auge. Es gibt antisemitische Anfeindungen, denn Anni und auch einige Schüler sind aus jüdischen Familien. Auch wenn die Schule aufblüht und das Leben dort den Schülern viele Möglichkeiten gibt, ihre Talente zu entwickeln und viel für ihr weiteres Leben zu lernen, wird die Gefahr aus der Umgebung immer deutlicher. Denn die Nazis bereiten sich darauf vor, die Macht in Deutschland zu übernehmen und das geht auch an der Schule nicht vorbei.
Die Schreibweise der Autorin ist sehr bildhaft. Man glaubt sich beim Lesen, selbst am Meer zu sein. Man erlebt alles in Echtzeit mit und hofft und bangt mit den Lehrern und Schülern, dass alles gut geht.
Einzelne Schicksale von Lehrern und Schülern sind sehr gut dargestellt. 
Besonders Maximilian, genannt Mücke, ein Schüler aus Bolivien, der hier ein ganzes Schulleben durchlebt, ist mir sehr ans Herz gewachsen.  Seine Emotionen, wenn er sich in der Fremde einlebt, Freunde findet und mit den kulturellen Unterschieden umgehen muss, sind sehr gut beschrieben.
Auch merkt man beim Lesen, dass die Autorin sehr gut recherchiert hat, denn die Lebensweise der Inselbewohner ist super dargestellt.
Zum einen ist da die Familie der Köchin Kea, die seit Jahren ein Geheimnis verschweigt. Ihre Familie verkörpert den damaligen Durchschnittsinsulaner. Kea kocht in der Schule und hat sogar ihrer kleinen Patentochter Marje ermöglicht, dort am Unterricht teilzunehmen. Das Schulgeld würde die finanzielle Möglichkeit der einfachen Bewohner der Insel bei weitem übertreffen. 

Gustav Wennerke steht im Roman stellvertretend für die Zeit der Entwicklung des Antisemitismus und Faschismus. Er nimmt sein Amt als Gemeindediener sehr ernst und für ihn ist die Schule eine Ansammlung von Juden und Kommunisten. Mit Arglist versucht er einige Schüler für die Hitlerjugend zu gewinnen, um so einen Einfluss auf die pädagogische Tätigkeit der Lehrer zu bekommen. Mit Machtantritt von Hitler scheint auch das Schicksal der Schule besiegelt zu sein....

In diesem Roman, der sehr unterhaltsam geschrieben ist, bekommt der Leser auch einen guten Einblick in die historischen Zusammenhänge der damaligen Zeit. Ich kann dieses Buch nur jedem empfehlen, der historische gut geschriebene und recherchierte Roman liebt.

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