Dienstag, 30. Juli 2019

Rezension zu " Auf den Schultern von Riesen" von Umberto Eco







Inhalt

Lügner, die die Wahrheit sagen, der Klimawandel als apokalyptischer Weltenbrand, die Literatur und das Unsichtbare – kaum jemand kombinierte seine Beobachtungen zu Gesellschaft, Politik und Kultur zu so überraschenden Einsichten wie Umberto Eco. Mit pointierten Analysen zu Literatur und Sprache, zu Kunst, Philosophie und Medien vereint „Auf den Schultern von Riesen" die Quintessenz von Umberto Ecos Gedankenwelt. In zwölf Vorträgen, die er bis kurz vor seinem Tod in Mailand gehalten hat, scheinen noch einmal alle großen Themen auf, die im Zentrum seines Schaffens standen – messerscharf beobachtet, spielerisch präsentiert und von ungebrochener Relevanz.

Autor


Der Schriftsteller und Semiotiker wurde 1932 in Alessandria in der italienischen Region Piemont geboren. Sein Vater war Buchhalter. Mit der Mutter zog der junge Eco während des Zweiten Weltkriegs in ein Bergdorf. Seine schulische Erziehung erhielt er durch den Bund der Salesianer. Seine späteren Vorlieben als Zeichentheoretiker und Historiker sowie auch als Schriftsteller mit immensem Geschichtsbewusstsein und Sinn für Geheimnisse spiegeln sich bereits in seinem Namen wider: Eco steht für die lateinische Bezeichnung „ex caelis oblatus“ – „Ein Geschenk des Himmels“, die dem Großvater von offizieller Seite gegeben worden war. Der Autor lebt zusammen mit seiner deutschen Frau in Mailand und in der Nähe von Rimini.



Gebundene Ausgabe: 416 Seiten 
Verlag: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG (13. Mai 2019) 
Sprache: Deutsch 
ISBN-10: 3446261869 
ISBN-13: 978-3446261860

Meine Einschätzung 

Ich kenne den Autor von seinem Buch "Im Namen der Rose".
Im Februar 2016 starb dieser große Schriftsteller und das vorliegende Buch bringt den Leser seine Gedanken zu Literatur und Sprache, zu Kunst, Philosophie und Medien in 12 Aufsätzen und Vorträgen auf unterhaltsame Art näher. Dabei geht er solche interessante Themen ein, wie :
 "Wie entwickeln Verschwörungstheorien ihre erzählerische Überzegungskraft?
Wie hängen Fakt, Fiktion und Fake News miteinander zusammen?
Woher rührt die faszinierende Kraft des Hässlichen?
Was hat der Klimawandel mit antiken Vorstellungen des Kataklysmus zu tun? "
Sehr interessant für mich waren die Gedanken von ihm zu Aussagen, wie : "Wir sehen weiter als unsere Vorfahren." Er geht darauf ein, was wir von unseren Vorfahren übernehmen konnten, um die geschichtliche Entwicklung immer weiter voran treiben zu können, der Kampf der Söhne gegen die Väter, die Rolle der Jugend, die selbst Erfahrungen im Leben sammeln muss, um das Werk ihrer Väter weiter zu entwickeln. Er beschreibt das Verhältnis zwischen Tradition und Moderne
Auch seine Ausführungen über die Schönheit und die Hässlichkeit waren für mich sehr interessant und regen den Leser zum Nachdenken an.
Die einzelnen Kapitel sind mit Werken und Fotos teils bekannter Künstler illustriert, die das Gelesene noch verdeutlichen. Mit dem Autor die verschiedensten Kunstwerke näher zu betrachten, macht einfach Spaß und ist sehr lehrreich. Dabei habe ich erfahren, dass ein großes Kunstwerk, immer ein offenes Kunstwerk ist, in dem zwischen gut und böse, schön und hässlich auf den ersten Blick nicht unterschieden werden kann. So werde ich bei meinem nächsten Besuch in einer Kunstausstellung die Werke ganz anders betrachten.
Ich kann dieses Buch nur jedem empfehlen. Man sieht danach die Welt mit anderen Augen an.



Samstag, 27. Juli 2019

Rezension zu "Stauffenberg-Porträt eines Attentäters"von Thomas Karlauf






Inhalt

 Wer war Claus von Stauffenberg? Die Figur des Oberst, der am Mittag des 20. Juli 1944 die Bombe zündete, die Hitler töten sollte, blieb in der Literatur immer schemenhaft. Wir kennen den langen Weg der Opposition, der schließlich zu dem Anschlag geführt hat, aber bis heute besitzen wir kein überzeugendes Bild von der Persönlichkeit des Attentäters. Weil wir in erster Linie nach moralischen Kriterien urteilen, tun wir uns mit der Einordnung des militärischen Widerstands generell schwer.

Die neue Stauffenberg-Biografie versucht, aufbauend auf dem aktuellen Forschungsstand und unter Berücksichtigung bisher unbekannter Quellen, die Ideenwelt des Attentäters zu rekonstruieren.

Autor

Thomas Karlauf, geboren 1955 in Frankfurt am Main, ging nach dem Abitur nach Amsterdam und arbeitete zehn Jahre für die Literaturzeitschrift »Castrum Peregrini«. Von 1984 bis 1996 war er Lektor bei den Verlagen Siedler und Rowohlt und führt seither eine Agentur für Autoren in Berlin. Zu seinen Buchveröffentlichungen zählen zwei weithin beachtete Biografien: »Stefan George. Die Entdeckung des Charisma« (Blessing 2007) und »Helmut Schmidt. Die späten Jahre« (Siedler 2016). 

Gebundene Ausgabe: 368 Seiten 
Verlag: Karl Blessing Verlag; Auflage: Originalausgabe (11. März 2019) 
Sprache: Deutsch 
ISBN-10: 3896674110 
ISBN-13: 978-3896674111

Meine Einschätzung 

Wer war Claus von Stauffenberg, der am 20.Juli 1944 den Sprengsatz zündete, der Hitler töten sollte.
Auch 75 Jahre nach dem Attentat sind sich die Biographen und Historiker immer noch nicht einig, worin die wahren Motive, Ziele und Handlungen der daran Beteiligten bestanden. Im Mittelpunkt steht dabei immer Claus von Stauffenberg. In seiner Biographie stellt Thomas Karlauf nicht moralische Fragen, sondern die „militärisch-politische Motivation“ Stauffenbergs in den Vordergrund.
Für mich war es interessant zu erfahren, dass Claus von Stauffenberg, zum Erstaunen seiner adligen Familie, bereits mit 18 Jahren beschloss eine Militärlaufbahn zu absolvieren. Auch war er sofort bereit, der gegen den Versailler Vertrag von Hitler gegründeten Reichswehr beizutreten. Dazu bestand er, nun 28 Jahre alt,1936 die Wehrkreisprüfung. Sein großes Vorbild war Gneisenau, der zum Sieg über die napoleonischen Heerscharen besonders beitrug. Außerdem waren die Brüder Stauffenberg Nachfahren von Gneisenau. Im Buch erfährt man, dass Stauffenberg ein großer Anhänger der Freiheitskriege war, besonders "...die Mischung aus freiheitlichem Pathos und kriegerischer Gesinnung faszinierten ihn." Weiter wird anhand von Briefen und Notizen vom Autor festgestellt, das Stauffenberg davon überzeugt war, "...dass die Deutschen den geschichtlichen Auftrag hatten, Europa zu führen, um das abendländische Erbe zu retten." Damit zeigt er seine Überzeugung zu Richtigkeit der Eoberungspolitik Hitlers, "...solange die deutschen Truppen in Vormarsch waren".
Er soll dann aber auch gesagt haben, dass nach dem Endsieg, ..." mit der braunen Pest " aufgeräumt werden muss.
Im Kapitel 5 des Buches "Das Erbe" Juni 1936 bis Juni 1938 geht der Autor näher auf „drei Lebenswelten“, von Stauffenberg ein, um so seine Persönlichkeit besser darstellen und seinen Entschluss zum Attentat auf Hitler besser verstehen zu können. Wichtige Bestandteile seiner persönlichen Entwicklung waren dabei das Soldatentum und die Familie und die Bindung an Stefan George. Man erfährt wichtige Etappen in der Entwicklung der adligen Familie Stauffenberg und ihre Stellung zum deutschen Kaiser. Das alles prägte natürlich auch die Persönlichkeit des jungen Stauffenbergs.
Was hat Stauffenberg bewegt, das Attentat auf Hitler als dringendste Aufgabe zu sehen? Er, der ja begeistert war von den Machtgelüsten dieses Mannes und bereit war, sein Leben dafür einzusetzen.
Laut Autor begann Stauffenberg erst im Sommer 1942, „kritisch über die Bedingungen und Folgen des Krieges nachzudenken“. Bis zu diesem Zeitpunkt „deckte sich Hitlers Politik weitestgehend mit den Vorstellungen und Erwartungen, die Stauffenberg an den durch diese Politik herbeigeführten Aufstieg Deutschlands zur europäischen Vormacht geknüpft hatte“. In der Zeit danach habe für Stauffenberg „nicht das Entsetzen über die Verbrechen des Nationalsozialismus, sondern die Entschlossenheit, den Krieg möglichst rasch zu einem für Deutschland einigermaßen glimpflichen Ende zu bringen“, im Vordergrund gestanden.
Da es kaum Aufzeichnungen aus der Zeit des Umdenkens von Stauffenberg gibt, ist es schwer für jeden Biographen, die wahren Hintergründe stichfest zu erfahren. Der Autor geht davon aus, dass es nicht nur moralische oder nur militärische Gründe dieses Umdenkens gab.
Ausführlich behandelt der Autor die Lage an der Ostfront Dezember 41 bis Februar 43 und den Beginn der Ausrottung der Juden. Stauffenbergs Versuche im Winter 1942/43 die hohe Generalität  zum Handeln zu bewegen, waren vergeblich. Dadurch fiel Stauffenberg in tiefe Depression und sein  Kommando in Afrika ab Februar 1943 bezeichnete er selbst dann auch als „Flucht an die Front“.
Nach seiner schweren Verwundung kam er nach Deutschland zurück und nach seiner Entlassung aus dem Lazarett erholte er sich bei seiner Frau und seinen Kindern.
In den abschließenden Teil der Biographie geht der Autor auf die Planung und auf die Versuche ein, Hitler zu ermorden. Ab Herbst 1943 stand Stauffenberg im Zentrum der Verschwörung im Berliner Bendlerblock. Er sucht und findet Mitstreiter, bereitete grundsätzliche Befehle ebenso vor wie konkrete Truppenverlegungen. Die Beschreibung der Attentatsvorbereitungen ab Herbst 1943 ist vom Autor gut recherchiert und liest sich spannend.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass durch diese Biographie, mir die Zusammenhänge des Attentats und die Persönlichkeit Stauffenbergs näher gebracht wurden. Auch die Gründe für das Misslingen des Umsturzversuchs wurden gut recherchiert und dem Leser verdeutlicht.
Ich wünsche der Biographie viele interessierte Leser.





































































Freitag, 26. Juli 2019

Rezension zu "Stauffenberg- Mein Großvater war kein Attentäter"





Inhalt

Anlässlich des 75. Jahrestages des Hitler-Attentats ergreift Sophie von Bechtolsheim, die Enkelin von Claus Schenk Graf von Stauffenberg, das Wort. Stauffenberg und sein gescheiterter Versuch, den nationalsozialistischen Wahnsinn zu stoppen, sind zu einem Mythos geworden, das Gedenken an ihn ist ritualisiert.
Die Historikerin von Bechtolsheim nähert sich ihrem Großvater ganz persönlich. Wer von Attentätern hört, denkt an Terroristen, die aus einer fanatischen Ideologie heraus Angst und Schrecken verbreiten. Nichts davon trifft auf Claus Schenk Graf von Stauffenberg zu.

Autorin


Sophie von Bechtolsheim, (geborene Stauffenberg) geb. 1968 in München, ist Historikerin und Kommunikationswissenschaftlerin. Sie ist die Enkelin von Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Aufgewachsen in Oberbayern und Franken lebt und arbeitet sie heute als Mediatorin in Uffing am Staffelsee und setzt sich zudem für den Täter-Opfer-Ausgleich ein. Sie ist verheiratet und hat vier Söhne.

Sophie von Bechtolsheim ist stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung 20. Juli 1944.

Im Juni 2019 erscheint ihr erstes Buch "Stauffenberg - mein Großvater war kein Attentäter" im Verlag Herder.
  
Gebundene Ausgabe: 144 Seiten 
Verlag: Verlag Herder; Auflage: 1. (28. Juni 2019) 
Sprache: Deutsch 
ISBN-10: 3451072173 
ISBN-13: 978-3451072178


Meine Einschätzung 

Viel ist schon über Claus Schenk Graf von Stauffenberg geschrieben worden. Wer war dieser Mann, der das Attentat auf Hitler mitplante und den Sprengsatz unter dem Kartentisch des Führerhauptquartiers platzierte. Ich war neugierig auf dieses Buch, schreibt doch die Enkelin von Stauffenberg über persönliche Erinnerungen an ihren Großvater, den sie nie kennengelernt hat.Ihr Buch entsteht durch Erzählungen und Erinnerungen der Großmutter, des Vaters und seiner Geschwister. Auch analysiert sie die Lebensumstände und Alltagsbedingungen im Deutschland der 1930er und 1940er Jahre, um so das Leben und die Gründe seiner Tat besser verstehen zu können.
Sehr persönlich schreibt sie über ihre Erinnerungen an Fotos, Gespräche mit der Großmutter, ihre eigenen Gefühle, als sie an Gedenkveranstaltungen zur Erinnerung an das Attentat teilnimmt.
Sie setzt sich mit Behauptungen von Biographen zum Leben und Wirken ihres Großvaters auseinander, die oft ein falsches Bild über ihn abgeben. Der Leser erfährt auch, wie die Familien der an dem Attentat beteiligten Menschen, behandelt wurden. Kinder wurden von ihren Müttern getrennt in nationalsozialistische Heime gesteckt. Die Mütter kamen ins Gefängnis und einige von ihnen ins KZ. Auch nach dem Krieg hatten die Familienangehörigen noch über 10 Jahre einen Leidensweg zu gehen. Die Frauen bekamen keine Witwenrente und die Kinder wurden in Schule und Universität gemobbt.
Die Historikerin und Autorin von Bechtolsheim fragt danach, wie Stauffenberg und die anderen Protagonisten des 20. Juli heute noch Vorbilder sein oder es wieder werden können. Und sie stellt die Frage, wie Verantwortung und Schuld zusammenhängen und wie viel Freiheit heute wert ist.
Die Autorin fand es wichtig dieses teilweise sehr persönliche Buch zu schreiben, um zu widerlegen, dass ihr Großvater heute mit den Attentätern der Bader-Meinhof-Bande und dem Terroristen des Islams verglichen wurde und wird. Sie stellt klar, welche Gründe er hatte, zum Attentat gegen Hitler aufzurufen und unterstreicht damit ihre Meinung- Mein Großvater war kein Attentäter. 
"Er folgte seinem Gewissen. Was immer man von ihm denken mag, er hat es nicht verdient, am Ende, wie schon 1944, als "der Attentäter" verurteilt zu werden."
Dieses Buch bringt uns den Menschen Stauffenberg näher und ist auch für den Geschichtsunterricht eine gute Ergänzung. Es regt auch uns heute zum Nachdenken an, wann sollte man auch politisch handeln, um Unheil abzuwenden. 



Sonntag, 21. Juli 2019

Rezension zu " Gefährlicher Reigen am Lietzensee" von Irene Fritsch





Inhalt

1919 – Der Weltkrieg ist beendet, doch die Menschen kommen nicht zur Ruhe. Nicht nur Armut und Hunger, sondern auch Straßenschlachten, politische Morde und Streiks bestimmen ihren Alltag.
Dennoch scheint am Lietzensee der Wiederaufbau erfolgreich zu beginnen, aber das Leben am See, wo sich die Wege der unterschiedlichsten Menschen kreuzen, wird immer wieder gestört durch gefährliche Ereignisse: so müssen u.a. zwei junge Mädchen, Frieda und Olga, einen Flüchtling vor dem Freikorps verstecken, der Vater ihres Freundes wird überfallen und ausgeraubt, der Gartendirektor Erwin Barth findet eine Leiche im Lietzenseepark. Und auch der „Bruder“ eines Ringvereins schleicht am See herum, auf der Suche nach einem Verräter. Mit Hilfe von Kommissar Krause werden die Verbrechen und übrigen Geheimnisse aufgeklärt.
Schließlich ist die fulminante Aufführung des „Reigens“ in dem neuen Theater am See nicht nur für Frieda und Olga, sondern für viele ein Signal dafür, dass eine neue, vielleicht bessere Zeit angebrochen ist.

Autorin

Irene Fritsch, in Berlin geboren, wohnt seit ihrer Kindheit am Lietzensee und war viele Jahre Lehrerin an einem Charlottenburger Gymnasium. Aus ihrer intensiven Beschäftigung mit der Geschichte des Lietzensee-Parks und seiner Umgebung entstanden die Mono­graphie »Leben am Lietzensee« (2001, 5.Auflage 2008) und die Romane »Finale am Lietzensee« (2006), »Die Tote vom Lietzensee« (2007) und Kalter Krieg am Lietzensee (2009), »Charleston in der Drachenburg«, und aktuell »Vier Schüsse am Lietzensee« ihrem fünften Lietzensee-Roman.

Taschenbuch: 155 Seiten 
Verlag: TEXTPUNKT Verlag; Auflage: 1. (1. Mai 2019) 
Sprache: Deutsch 
ISBN-10: 3938414642 
ISBN-13: 978-3938414644

Meine Einschätzung 

Da ich historische Romane sehr gerne lese und ich es toll finde, wenn sie an Orten spielen, die man heute noch selber besuchen kann, bin ich auf dieses Buch neugierig geworden. Durch einen Artikel in einer Zeitung erfuhr ich mehr zu der Autorin und ihrem schriftstellerischen Schaffen.
Die heute 76jährige Irene Fritsch lebt seit ihrer Kindheit am Lietzensee und engagiert sich in einem Bürgerverein für die dortige Parkpflege. In ihren sechs Kiez-Krimis um die Hobbydetektivin Anna standen Morde im Zusammenhang mit der Geschichte des Wohngebiets um den Lietzensee.
Der neue Roman spielt im Jahr 1919. Der Autorin gelingt es sehr gut, das damalige Leben der Menschen rund um den Lietzensee darzustellen. Auch gibt es viel Interessantes zur Entwicklung der Parkanlage um den See zu erfahren. Sie bringt dem Leser auch die damalige politische Situation näher. Wie ein roter Faden zieht sich in der Geschichte ein Kriminalfall, der von der Autorin frei erfunden ist, durch die Handlung, bei dem ein Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft geschieht und es auch mehrere Tote gibt, die scheinbar mit dem Überfall zusammenhängen. Man lernt Menschen der verschiedenen gesellschaftlichen Schichten kennen. Man liest von verzweifelten Menschen, die versuchen im Kiez ein besseres Leben zu finden bis zu den Reichen, die in riesigen Villen wohnen und denen es an nichts fehlt, obwohl die Lebensmittel rationiert sind. Es gibt Kämpfe zwischen Reichswehr und Spartakisten, Banden treiben ihr Unwesen und beherrschen den Markt des Verkaufes von Kokain, mit denen einige für Stunden ihrem Alltag entfliehen möchten.
Doch es gibt auch junge Menschen, die die Hoffnung haben ihre Träume zu verwirklichen. Die Freundinnen Frieda und Olga zum Beispiel, die eine Tochter eines Tabakhändlers, die andere Tochter des Pfarrers. Frieda hat einen Traum, Schneiderin in einem Modeatelier zu werden. Doch ihr Vater sieht in ihr seine Nachfolgerin im Tabakladen. Der Bruder von Olga möchte Pianist werden, doch das passt dem frommen Vater garnicht. Da sind auch noch der junge Erich und Nelly. Beide wollen für sich ein besseres Leben, aber gehen sie auch dafür den richtigen Weg?
Als Frieda und Olga einen Flüchtling am Lietzensee finden, der vor dem Freikorps geflohen ist, beginnt ein Strudel von Ereignissen, in die viele Anwohner mithineingezogen werden.
Wird es Kommissar Krause gelingen, die Verbrecher des Raubüberfalls und die Mörder zu finden?
Werden die jungen Menschen am Lietzensee ihre Träume verwirklichen können?
Der Leser kann auf ungeahnte Wendungen in der Geschichte gespannt sein.
Im Anhang des Buches gibt es einen Auszug aus einem Artikel von Erwin Barth aus  " Die Gartenkunst" 1921 mit dem Titel " Der Lietzenseepark- Charlottenburg" über die Planung der Gestaltung des Parks in der damaligen Zeit.
Mir hat das Buch spannende, unterhaltsame und interessante Lesestunden beschert. Es hat mich auch neugierig gemacht, bei meinem nächsten Berlin Besuch den Lietzensee und seinen Park einmal zu besuchen.
Ich wünsche dem Buch viele interessierte Leser.




Freitag, 19. Juli 2019

Rezension zu "Hautfreundin" von Doris Anselm

Inhalt

Gibt es noch schmutzige Worte? Hilft fesseln gegen Traurigkeit? Besitzt ein Mann mit einer schönen Stimme auch eine schöne Zungenspitze? Kann man zu zärtlich sein, wenn man bloß eine Affäre hat? Und gedeiht im Unanständigen vielleicht ein besonderer Anstand? - Sie ist eine Frau, die Sex mag und seltsame Fragen, ihre eigene Haut und die Haut ganz verschiedener Männer. Direkte Berührung ebenso wie den Salto ins Fantastische. Sie flirtet lieber unterwegs als online, weil sie den kleinen Rausch des ersten Schritts liebt. Ihr Blick auf Sex ist zugleich lustvoll und schräg, präzise und sanft. Die Männer, denen sie nah kommt, gehen ihr nah. Aber worauf steht sie eigentlich selbst? Und wie hat das angefangen? Nach und nach ergeben die Geschichten ihrer hautnahen Begegnungen eine Geschichte: die überraschend glückliche sexuelle Biografie einer freien Frau. So sinnlich erzählt, dass die Sprache selbst Feuer fängt. 

Autorin

Doris Anselm, 1981 in Buxtehude /Niedersachsen geboren, hat Kulturwissenschaften in Hildesheim studiert, anschließend volontiert und lebt in Berlin. Dort hat sie 10 Jahre lang als Radioreporterin gearbeitet. 2014 war sie Hauptpreisträgerin des Literaturwettbewerbs open mike. 

Gebundene Ausgabe: 256 Seiten 
Verlag: Luchterhand Literaturverlag; Auflage: Originalausgabe (27. Mai 2019) 
Sprache: Deutsch 
ISBN-10: 363087603X 
ISBN-13: 978-3630876030

Meine Einschätzung 

Ich war durch den Titel "Hautfreundin" sehr neugierig auf dieses Buch geworden. Der Untertitel - eine sexuelle Biographie machte mich noch neugieriger. In 13 Geschichten erzählt die Autorin die Erlebnisse einer Frau, die gern flirtet, im wahren Leben auf der Suche nach einem männlichen Partner ist, um mit ihm zärtliche Berührungen und Sex zu erleben. Sie begegnet ihnen in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Büro, im Tantracentrum, in der Jugendherberge...Dort als Teenager fing alles an, Die ersten Gefühle erweckte ein durchtrainierter Zivi. Die Frau, von der im Buch erzählt wird, ist eine freie Frau, die ihre Lust auslebt und selbstbewußt sich ihre Partner nach ihrem Bauchgefühl auswählt. Sie liebt die Leidenschaft und ist experimentierfreudig beim Sex.
Die Erzählweise der Autorin nimmt den Leser gefangen. Es artet nicht in einer pornographischen Beschreibung aus, sondern ist feinfühlig und regt die Phantasie beim Lesen an. Man erlebt das Begehren und die Lust der Hauptheldin intensiv mit.
Interessant fand ich die Beschreibung eines Zukunftsszenario, indem man davon abhängig wird, was die Mitmenschen über einen denken und wie man von ihnen mit Scannern eingeschätzt wird. Es wäre schon traurig, wenn dies einmal Wirklichkeit wird und Sehnsüchte und Gefühle nur noch durch Technik bestimmt werden...
Das Buch ist etwas besonderes in der Literatur, die Sexgeschichten beinhaltet. Es regt auch zum Nachdenken an,  über die Bedeutung und Beachtung der eigenen Lust und Gefühle bei der Gestaltung eines zufriedenen Lebens, zu dem auch guter Sex gehört. Ich kann das Buch nur weiterempfehlen.
 

Montag, 15. Juli 2019

Rezension zu " Heut ist irgendwie ein komischer Tag" von Cornelius Pollmer


Inhalt

Fontane reloaded

Ein Abenteuer kann überall beginnen und sei es an einer Bushaltestelle in Brandenburg. Cornelius Pollmer ist für einen Sommer auf Weltreise im deutschen Osten. In Schlössern und Reihenhäusern, bei Truckern und Hackern, mit Busreiserentnern und der Spreewälder Dorfjugend. Im Sinne Fontanes zieht er los, mit »dem guten Willen, das Gute gut zu finden«. Dabei hat er einen Rucksack, etwas Bargeld und keinen Plan – außer dem, nicht schon am Abend wieder daheim zu sein.

Autor

Cornelius Pollmer, geboren 1984 in Dresden, studierte Volkswirtschaft und besuchte die Deutsche Journalistenschule. Seit 2013 schreibt er als Korrespondent für die Süddeutsche Zeitung über Ostdeutschland.
  
Gebundene Ausgabe: 240 Seiten 
Verlag: Penguin Verlag (10. Juni 2019) 
Sprache: Deutsch 
ISBN-10: 3328600604 
ISBN-13: 978-3328600602

Meine Einschätzung 
Ich war sehr neugierig auf dieses Buch, da ich das Brandenburger Land sehr liebe und auch Fontanes Buch über seine Wanderungen kenne. Und ich wurde nicht enttäuscht. Cornelius Pollmer teilt mit uns seine Erlebnisse eines Sommers im Brandenburger Land. Alles beginnt mit einer Rundfahrt, einer neunstündigen Pilgerfahrt auf den Spuren Fontanes. Es folgen Besuche in Hermannswerder, Neuruppin, Fürstenberg, Werben, Fehrbellin, Karwe. Der Leser lernt die Menschen dort kennen, ihre Herzlichkeit, Gastfreundlichkeit und Besonderheit... Es macht Spaß durch die lebhafte Schreibweise des Autors ihn bei seinen Entdeckungen zu begleiten. Doch er ist nicht nur als Besucher gekommen, sondern hilft auch tatkräftig. Er hilft Schniepa, beim Führen seines TruckerImbisses und erlebt mit ihm Brandenburg von oben bei einem Fallschirmsprung... Er lernt Menschen kennen, die versucht haben nach der Wende mit eigenem Geschäft eine materielle Basis für ihr Leben zu schaffen...Er trifft Krafft Freiherr von dem Knesebeck, zugezogen aus dem Westen in das Land seiner Vorfahren, der einen halben Ort aufgekauft hat. Er besucht ein Hundehotel, das ua. Hunde von Prominenten, wie Iris Berben, betreut. Auf den Spuren Fontanes kommt er ua. zu den Findlingen in den Rauener Bergen und ist damit um eine Erfahrung reicher... Die Fontane Festspiele in Neuruppin begeistern ihn genauso, wie die Dorfjugend im Spreewald, die mehrere Tage ein feuchtfröhliches Dorffest auf die Beine stellen.
Das Ganze ist gewürzt mit viel Humor, denn er lernt auf seinen Begegnungen ua. die verschiedenen Formen des Bierflaschenöffnens kennen oder das Leinöl die beste Basis für eine feuchtfröhliche Nacht ist.
Das Buch ist kein Wanderführer, vielmehr zeigt uns der Autor in unterhaltender Form das Brandenburger Land und seine Menschen von heute. Fontane und seine Wanderungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Abschnitte des Buches. Am Ende der Erzählung fand ich sehr interessant, die Gedanken  des Autors zu Begriffen, die Fontane einst neu gebildet hat, bezogen auf die heutige Zeit. Gefunden hat er diese Worte im Fontanearchiv in Nauen als Liste mit dem Titel "Die 500 längsten einzigartigen Substantive bei Fontane".
Mir hat das Buch sehr unterhaltsame Lesestunden gegeben. Land und Leute des Brandenburges Landes hat mir der Autor näher gebracht und ich habe Lust, bald wieder einmal selbst auf die Spuren von Fontane zu gehen.