Dienstag, 16. August 2022

Rezension zu "Svendborg 1937" von Tanja Jeschke

 

Inhalt

Ausgerechnet nach Svendborg auf der dänischen Insel Fünen flüchten die Dinkelspiels vor den Nazis. Ein verschlafenes Hafenstädtchen, in dem eine angeheiratete Tante ihnen Unterkunft gibt. Die ist freilich nicht so ganz glücklich über die Gäste, die sich ihrerseits im komplett veränderten Alltag zurechtfinden müssen. Die Schwestern Meret und Ricarda entdecken das Motorradfahren für sich und lernen eine ungewöhnliche Hausgemeinschaft kennen, deren Oberhaupt Bert Brecht sie jedoch nie treffen. Für beide Mädchen sind Brechts Frauen jedoch richtungsweisend, und als Ricarda beschließt, auf eigene Faust nach Deutschland zu ihrem Verlobten zurückzukehren, ändert sich nicht nur für Meret alles …

Autorin

Tanja Jeschke wurde in Pretoria geboren, wuchs zunächst dort und in Port Elizabeth am Indischen Ozean auf und verbrachte ihre Schulzeit in Norddeutschland. Sie studierte Germanistik und Evangelische Theologie und reiste eine Weile durch Südafrika und Namibia. Schließlich arbeitete sie als freie Autorin, Literaturkritikerin und Lektorin in Rostock und Stuttgart. Sie hat etliche Kinderbücher und auch Bücher für Erwachsene veröffentlicht und erhielt zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen. Im Herbst 2022 erscheint ihr Roman »Svendborg 1937« im Picus Verlag.

 

Herausgeber ‏ : ‎ Picus Verlag; 1. Edition (24. August 2022) 
Sprache ‏ : ‎ Deutsch  
Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 224 Seiten  
ISBN-10 ‏ : ‎ 3711721281 
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3711721280

Meine Einschätzung 

 Die Autorin nimmt uns mit in das Jahr 1937 nach Stuttgart. Die Nazis haben die Macht in Deutschland übernommen und das Leben für Juden wird immer gefährlicher. Die Familie Dinkelspiel beschließt nach Dänemark zu einer angeheirateten Tante nach Svendborg, zu flüchten. Zur Familie gehören neben den Eltern, der Vater ist Kunsthändler, die Schwestern Meret und Ricarda, die schon fast erwachsen sind und der Nachzügler der kleine Friedrich, der am Down Syndrom leidet.

Obwohl die Tante am Anfang die Familie willkommen heißt, zeigt sich bald, dass das Zusammenleben in dem kleinen Haus einige Probleme bringt. Sehr einfühlsam beschreibt die Autorin die Schwierigkeiten des Einlebens in einer fremden Umgebung. Während die jüngere Tochter Meret und ihre Mutti sich eifrig bemühen, die dänische Sprache zu lernen, ist Ricarda dagegen. Ihr Traum ist es mit ihrem Verlobten eines Tages nach Palästina auszuwandern und sie wartet jeden Tag auf eine Nachricht von ihm, dass er die Tickets für das Schiff dorthin gekauft hat und sie als Jüdin in dieser neuen Wahlheimat ihr Leben aufbauen kann. Doch die Tage, Wochen und Monate vergehen und keine Nachricht kommt aus Deutschland von ihrem Verlobten....

Sehr einfühlsam beschreibt die Autorin die Gefühle, besonders der Schwestern, beim Einleben in der Exilheimat. Dabei hat mir ihre Schreibweise, meist berichtet sie aus dem Blickwinkel von Meret, sehr gut gefallen. Ein Wendepunkt für die Familie ist die Begegnung mit den Frauen rund um den Dichter und Schriftsteller Bertolt Brecht, der mit seiner Familie auch in Sevndborg im Exil lebt.

Während eines Ausflugs zu einer kulturellen Veranstaltung mit anderen Exilanten in Kopenhagen, lernen sie Brechts Geliebte Ruth Berlau kennen, die sich  mit Ricarda anfreundet und sie mit in die Welt des Theaters nimmt. Ricarda beschließt darauf, nach Kopenhagen zu ziehen , um dort in der Theatergruppe mitzuwirken. Meret dagegen freundet sich mit Brechts anderer Geliebten Margarete Steffin an. Diese Freundschaft hilft beiden Frauen den Exilalltag besser zu überstehen.

Für mich war interessant durch die geschilderten Episoden der Freundschaft zwischen den jungen Frauen, mehr über das private Leben von Bertolt Brecht und seiner Familie zu erfahren.  

Die Geschichte der Familie Dinkelspiel ist sehr berührend, zumal das Schicksal die Mitglieder auseinander reißt.  Was passiert und wie das Leben nach dem Krieg weitergegangen ist, erfährt man in diesem Buch...

Die gesamte Geschichte ist sehr anschaulich, spannend und unterhaltend geschrieben. Ich wünsche mir, dass das Buch verfilmt wird. Es ist heute aktueller, denn je. Denn die Flüchtlingsfamilien, die heute ua. in Deutschland eine zweite zeitweilige Heimat finden, haben sicher ähnliche Probleme beim Einleben, wie die Exilanten in der damaligen Zeit.

Ein Buch, das mahnt, die Folgen von Krieg und Verfolgung dem Leser ganz nahe bringt und zum Nachdenken anregt.

 

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